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KULTUR
Der griechische Kalender


KALENDER
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Mond- und Sonnenkalender

Der Mondkalender

In der griechischen Frühzeit existierte kein Kalender im modernen Sinne. Die fast ausschliesslich ländliche Bevölkerung orientierte sich an den Jahreszeiten, dem Sonnenstand, den Sternbildern und natürlich den Mondphasen. Die Mondmonate begannen mit Neumond und wurden durch men istamenos (zunehmenden Mond) und men phthinomenos (abnehmenden Mond) in zwei Teile gegliedert.

Als man durch genaue Beobachtung erkannt hatte, dass der Mond für zwei Umläufe in etwa 59 Tage benötigte, begann man abwechselnd Monate mit 30 (men plereis; voller Monat) und 29 Tagen (men koíloi; hohler Monat) zu bilden. Für die Bemessung kleinerer Zeiträume bildete man in jedem Monat drei Dekaden (dekas prote, dekas deutera, dekas prote), die einfach von 1 bis 10 (respektive 9) durchnummeriert waren. Seit den Solonischen Reformen zählte man die dritte Dekade nicht nach vor, sondern rückwärts (vgl. römischer Kalender), wobei der letzte Tag der dritten Dekade zugleich zum ersten Tag der neuen ersten Dekade mit der Bezeichnung ene kai nea (der alte und der neue Tag) wurde. Wie lange diese Sonderheit anhielt ist unbekannt, doch eine Inschrift von ca. 324 v.Chr. verwendet diese Zählung immer noch. Eine Zählung aller Monatstage bis 30 sollte erst in der hellenistischen Epoche weitere Verbreitung finden.

Der Sonnenkalender

Es scheint, als hätte sich der griechische Kalender nicht allmählich entwickelt, sondern er wurde in der ersten Hälfte des 7.Jh.v.Chr. unter religiösen Gesichtspunkten eingeführt. Für Athen ist historisch an die Zeit der solonischen Reformen zu denken, während deren die delphische Kalendertradition mit ihren Festen übernommen wurde.

Als man in der zweiten Hälfte des 6.Jh.v.Chr. dazu überging Daten nicht mehr nach Monaten, sondern nach Jahren zu fixieren, hatte man schon ein Jahrhundert lang die astronomische Differenz zwischen Mondjahr (59 x 6 = 354 Tage) und Sonnenjahr (ca. 365,25 Tage) erkannt. Wie auch in anderen Kulturen begegnete man diesem Problem mit der Einführung von Schaltmonaten.

Um die Abweichungen auszugleichen, zählte man zunächst in zweijährigem Rhythmus einen Monat doppelt. Welcher Monat dazu herangezogen wurde, war eine Entscheidung, die jede Stadt für sich traf. In Athen nahm man etwa den sechsten Monat Posideon. Aber die Entscheidungen über Schaltmonate fielen oft genug unregelmässig und willkürlich aufgrund militärischer, politischer oder religiöser Gesichtspunkte. In einigen Städten war es Sache der Volksversammlung, in anderen konnte ein Archont aus eigener Machtfülle heraus diese Angelegenheiten regeln.

Auf die angegebenen zwei Jahre gerechnet ergeben sich daraus 738 Kalendertage, was 7 ½ Tage länger als das tatsächliche Sonnenjahr ist. Immerhin hatte sich der Fehler von einem Manko bei ca. 3,2 % zu einem Überschuss von gut 1 % reduziert.

Im 7.Jh.v.Chr. versuchten die Priester zu Delphi nach babylonischem Vorbild eine verbesserte Schaltung einzuführen. In einem achtjährigen Zyklus gab es nun fünf normale Jahre mit zwölf Monate und drei Schaltjahre mit 13 Monaten (die Jahre drei, sechs und acht). In Summe ergibt dies im angegebenen Zeitraum 2922 Tage, was in etwa dem Sonnenjahr entspricht. Eine Abweichung von gut anderthalb Stunden und die praktische Anwendung blieben ohne Bedeutung.

Der griechische Kalenderwirrwarr

Mit der fortschreitenden Entwicklung in Astronomie und Mathematik entdeckte man auch diesen Fehler und versuchte ihm mit genaueren Schaltmethoden beizukommen. Die entwickelten Modelle hatten jedoch nur selten eine praktische Bedeutung. Die unterschiedlich stark ausgeprägten Bemühungen, den Kalender ins Reine zu bekommen, führten schlussendlich dazu, dass sogar die Monatsanfänge nicht überall mehr am gleichen Tag stattfanden. Um die Sache noch zu verkomplizieren, verweigerte man im täglichen (d.h. bäuerlichen) Leben die Annahme des Sonnenkalenders. Folglich zählten die meisten Menschen ihre Tage nach dem Mondkalender und den drei Dekaden, während die offiziellen Daten (Feste, Gerichtsbarkeit, Steuerwesen) auf dem Sonnenkalender beruhten. Oft sah man sich gezwungen wichtige Daten nach beiden Methoden anzugeben.

Damit man dieser Verwirrung etwas Herr werden konnte, entwickelte der Astronom Meton das Parapegma. Dabei handelt es sich um eine Scheibe, worauf der 365tägige Sonnenlauf durch die Tierkreiszeichen, gegliedert nach dem Mondkalender dargestellt werden konnte. War ein Tag vergangen, steckte man den Tagesstöpsel einfach einen Tag weiter.

Als ob dies noch nicht genug wäre, ist für den attischen Kalender noch eine andere Form überliefert. Die Tageszählung nach den Prytanen (städtische Höchstmagistrate) der Stadt Athen, beruhte auf den für die Verwaltung zuständigen Phylen (Verwaltungsbezirk einer Stadt). Bis zum Jahr 307 v.Chr. - als Athen 10 Phylen hatte - bedeutete dies: 1. bis 4. Prytane zu je 36 Tagen und 5. bis 10. Prytane zu je 35 Tagen, was in Summe 354 Tage ergab. Natürlich verliefen diese Daten überhaupt nicht synchron mit den offiziellen Monaten, was zu häufigen Datierungsfehlern in Inschriften führte. Als dann 306 v.Chr. Athen zwei weitere Phylen erhielt, konnte man endlich die Zählung nach Prytanen mit jener der Monate gleichschalten.

Zu einer Änderung der verworrenen Situation kam es erst unter römischer Oberhoheit mit der Einführung des iulianischen Kalenders unter Caesar und vor allem Augustus. Die lokalen Kalender wurden jedoch auch weiterhin beibehalten und ihr Verwendung reicht bis in die Spätantike.

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Auch Rom wurde nicht an einem Tag erbaut.


Quellen: H.Pleticha & O.Schönberger "Die Griechen", "Der kleine Pauly"

 

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(PL)